
Einführung in gewerbliche Schutzrechte
Rechte zum Schutz geistigen Eigentums
Lesedauer: 7 Minuten
Der Zweck von Schutzrechten
Gewerbliche Schutzrechte ermöglichen es die Früchte der geistigen und schöpferischen Leistungen als geistiges Eigentum auf bestimmte Zeit in bestimmten Ländern zu schützen und andere grundsätzlich von der Nachahmung, Nutzung und Verwertung auszuschließen.
Der Grund dafür ist naheliegend: In die Entwicklung bis hin zur Marktreife wird oft viel Zeit und Geld investiert. Man möchte die Früchte der eigenen Arbeit verständlicherweise selbst ernten. Nachahmungen und Kopien sind ein weit verbreitetes Übel, noch dazu weil sie oft mit wesentlich geringeren (Entwicklungs-)Kosten und daher billiger angeboten werden können.
Schutzrechte ermöglichen es, geistiges Eigentum zu definieren und damit zu handeln. Man kann Rechte komplett verkaufen, Lizenzen daran vergeben, sie eintauschen oder auch als Sicherstellung bei Banken benutzen.
Wichtig ist zu beachten, dass man mit allem Neuen auch existierende Schutzrechte verletzen kann. Derartige Verletzungen können schwerwiegende finanzielle Folgen haben.
Es gibt also gute Gründe, sich zumindest mit den Grundzügen der verschiedenen Schutzmechanismen vertraut zu machen.
Die unternehmerische Ausgangssituation
In der Praxis können Schutzrechte etwa in folgenden Situationen relevant sein:
- Man hat etwas entwickelt, wie z. B. ein Konzept für eine Dienstleistung oder ein Geschäftsmodell, ein Logo, einen Markennamen, ein Produktdesign, eine Software oder eine technische Erfindung („geistiges Eigentum“ = Immaterialgut), und möchte diese Entwicklung vor unautorisierter Nachahmung oder Nutzung schützen.
- Man steht am Beginn einer derartigen Entwicklung und möchte im Vorfeld wissen, ob etwas Ähnliches bereits existiert und geschützt ist.
- Man möchte etwas möglicherweise Geschütztes übernehmen und fragt sich, ob und zu welchen Bedingungen man das darf.
- Man erhält ein Schreiben mit der Behauptung, dass man geistiges Eigentum unbefugt benützt und diese Nutzung sofort zu unterlassen hat (meist mit Zahlungsaufforderung).
Zunächst empfiehlt es sich, umgehend fachmännischen Rat einzuholen. Das Rechtsgebiet der gewerblichen Schutzrechte ist komplex und erst mit großer Erfahrung auf dem Gebiet der Schutzrechte ist es möglich, die Lage richtig einzuschätzen.
Was kann man schützen?
Schützbare Aspekte sind z. B. der Markenname, das optische Erscheinungsbild (Design), die Aufmachung, der technische Aufbau oder das Herstellverfahren.
Diese Aspekte können von den vielfältigsten Produkten, Verfahren und Dienstleistungen geschützt sein, zum Beispiel von Designartikeln, Gebrauchs- und Souvenirartikeln, Software, Maschinen, chemischen Produkten, Sportgeräten, Lebensmittel, Produktionsverfahren, Fotos, Filmen oder Datenbanken.
Manche Produkte vereinen viele verschiedene geschützte Aspekte, wie z. B. ein Auto. Dabei können die geschützten Komponenten auch von verschiedensten Firmen stammen. Es gibt also beides: Ein Schutzrecht für viele Produkte, viele Schutzrechte für ein Produkt.
Der Schutz bezieht sich im Allgemeinen auf die folgenden Aktivitäten:
- Den geschützten Gegenstand zu produzieren,
- in Verkehr zu bringen,
- anzubieten,
- zu gebrauchen,
- oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen.
Das bedeutet, dass man auch beim Kauf oder Import von Produkten grundsätzlich dafür selbst verantwortlich ist, dass man damit keine gewerblichen Schutzrechte verletzt.
Nicht-Wissen schließt die Verantwortlichkeit des Nutzers nicht aus, d. h. es kann trotzdem Konsequenzen geben.
Eingetragene und nicht eingetragene Schutzrechte
Der Schutz geistigen Eigentums ist in verschiedenen Gesetzen geregelt. Die wesentlichen Gesetze sind in Österreich das Markenschutzgesetz (MSchG), das Musterschutzgesetz (MuSchG), das Patentgesetz (PatG), das Gebrauchsmustergesetz (GMG) und das Urheberrechtsgesetz (UrhG).
Je nach Staat gibt es solche oder ähnliche Gesetze, die sich aber durchaus im Detail unterscheiden. Darüber hinaus gibt es überregionale oder internationale Regelungen. Auf europäischer Ebene gibt es z. B. das Europäische Patent, das so genannte EU-Design und die Gemeinschaftsmarke.
Gewerbliche Schutzrechte sind im Allgemeinen anzumelden und werden daraufhin in eine offizielle Liste eingetragen. Der Vorteil einer Eintragung liegt darin, dass alle Interessierten in dieser Liste nachschauen können, wer was wann wo und wofür angemeldet hat. Anmeldedaten, Gültigkeitsbereich sowie Gültigkeitszeitraum werden nach einer gewissen Zeit offengelegt. Der Nachteil dieser Vorgangsweise ist, dass man diese Anmeldung aktiv vornehmen muss und sie kostenpflichtig ist. Diese Kosten können je nach Schutzrecht und Ausmaß des Schutzrechtes sehr hoch sein. Eine Gegenüberstellung der Kosten und des wirtschaftlichen Nutzens ist daher wichtig. In ÖNORM A6800 und ÖNORM A6801 sind etwa Methoden zur wirtschaftlichen Bewertung von Marken und Patenten beschrieben.
Demgegenüber gibt es nicht eingetragene Schutzrechte wie das Urheberrecht oder das nicht eingetragene EU-Design (Gemeinschaftsgeschmacksmuster). Der Vorteil: sie existieren automatisch, ohne Anmeldung und ohne Kosten. Ein Nachteil: es gibt keine offizielle Liste („Register“), in der man nachschlagen kann. Für den Schöpfer ist es oftmals schwierig nachzuweisen, dass der geschützte Aspekt (z. B. ein Software-Programmiercode) auch wirklich von ihm stammt. Eine nachvollziehbare eigene Dokumentation ist daher umso wichtiger. Mit dem eingetragenen Schutzrecht – sofern überhaupt eine Eintragung möglich ist - ist es daher leichter, eine konkrete Nachahmung zu verhindern.
Schutzrecht: Marke
Schutzfähige Gegenstände/Aspekte: Unterscheidungsfähige Kennzeichen für Waren und Dienstleistungen wie Namen, Logos, Klänge, Farben, Formen … Die Marke muss nicht unbedingt neu sein.
Anmerkung: Einzutragen. Man unterscheidet Wortmarke, Bildmarke, Wort-Bild-Marke, Klangmarke, Farbmarke oder 3D-Marke. Bei hohem Bekanntheitsgrad auch ohne Eintragung geschützt.
Schutzdauer: 10 Jahre, immer wieder verlängerbar
Schutzrecht: Herkunftsangaben
Schutzfähige Gegenstände/Aspekte: Geschützte geografische Angaben, geschützte Ursprungsbezeichnung. Bald auch für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse!
Anmerkung: Geografische Herkunft im Namen enthalten. Bspw. Parmaschinken, Bordeaux-Wein, …
Schutzdauer: zeitlich unlimitiert
Schutzrecht: Design
Schutzfähige Gegenstände/Aspekte: Die äußere Erscheinungsform eines Produktes wie Form, Farbe, Glanz, Oberflächentextur, Verzierung, … Das Design muss neu sein und Eigenart besitzen.
Anmerkung: Einzutragen. Wird auch Muster bzw. Geschmacksmuster genannt. In der EU drei Jahre auch ohne Eintragung geschützt, sofern öffentlich bzw. in Fachkreisen bekannt gemacht.
Schutzdauer: In Österreich jeweils um 5 Jahre verlängerbar, max. 25 Jahre
Schutzrecht: Patent
Schutzfähige Gegenstände/Aspekte: Erfindungen auf allen Gebieten der Technik ... Die Erfindung muss neu sein und erfinderische Höhe aufweisen.
Anmerkung: Technischer Aspekt teilweise rasch erfüllt, z. B. bei einem Kamm, mit dem man besonders gut kämmen kann.
Schutzdauer: max. 20 Jahre
Schutzrecht: Gebrauchsmuster
Schutzfähige Gegenstände/Aspekte: Erfindungen auf allen Gebieten der Technik ... Muss neu und erfinderisch sein (in den meisten Ländern nicht geprüft).
Anmerkung: Wichtige Unterschiede zum Patent: geringere Erfindungshöhe, Laufzeit und Kosten, auch Programmlogik schützbar.
Existiert nur in bestimmten Ländern, darunter auch Österreich.
Schutzdauer: max. 10 Jahre
Schutzrecht: Urheberrecht
Schutzfähige Gegenstände/Aspekte: Titel und Inhalte von Werken wie Zeichnungen, Grafiken, Fotos, Filme, Musik, Computerprogramme, …
Anmerkung: Keine Eintragung notwendig! Auch die Grafiken von Marken oder Entwürfe von Designs sind bei entsprechender Originalität urheberrechtlich geschützt.
Schutzdauer: Endet 70 Jahre nach dem Tode des (letzten) Urhebers
Schutz nach dem UWG
Schutzfähige Gegenstände/Aspekte: Unlautere Geschäftspraktiken, z. B. Nachahmung (von Produkten), Missbrauch von Kennzeichen eines Unternehmens, unbefugtes Verwerten von anvertrauten technischen Informationen, Domain-Grabbing etc.
Anmerkung: Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
Schutzdauer: zumindest in Österreich zeitlich nicht limitiert
Weitere Beispiele für spezielle Schutzrechte sind der Schutz von Datenbanken, Mikroorganismen, neuen Pflanzensorten oder von Halbleitertopographien.
Einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Schutzmechanismus stellen geeignete Verträge dar. Diese können mit Geschäftspartnern, Kunden, Lieferanten oder auch mit den eigenen Mitarbeitern abgeschlossen werden, um etwas zu schützen bzw. geheim zu halten. Ein Beispiel dafür ist die Rezeptur der Kräuterlimonade Coca Cola. Das Unternehmen nutzt zwar sämtliche Schutzrechte für Markennamen, Schriftzug, Form von Flaschen und Gläsern – die Rezeptur an sich ist jedoch geheim.
Obwohl Schutzrechte weltweit mehr und mehr vereinheitlicht werden, gibt es Unterschiede in verschiedenen Ländern. Nicht immer sind alle Schutzrechte verfügbar, Laufzeiten sind unterschiedlich, schützbare Aspekte unterscheiden sich, usw. Daher ist es wichtig, sich über das jeweilige Zielland zu informieren.
Abstand zu halten ist von der Verwendung staatlich reservierter Bezeichnungen, Kennzeichen, Landeswappen oder Ähnlichem. Die unbefugte Verwendung kann auch Strafen nach sich ziehen.
Unternehmerischer Umgang
Beim Umgang mit all diesen Schutzrechten steht man als Unternehmen vor einer Reihe von Fragen:
- Womit soll man sich genau beschäftigen?
- Was soll und will man selbst schützen?
- Wieviel Aufwand ist man bereit zu treiben?
- Was soll der Schutz bringen und was bringt er tatsächlich?
- Soll man Schutzrechte anmelden und wenn ja, mit oder ohne Anwalt?
- Was haben andere bereits geschützt?
- Was kann man frei verwenden? Was kann man sich legal von anderen „abschauen“ und welche Risiken geht man dabei ein?
Unternehmerische Hauptstrategien
Manche Unternehmer:innen gehen bei der Beantwortung dieser Fragen analytisch vor. Andere folgen eher dem Bauchgefühl oder dem Hausverstand. Dennoch folgt man meist einer bestimmten Strategie, ob bewusst oder unbewusst.
Die Schutzrechtstrategie sollte dabei kein Eigenleben führen, sondern sich an der Gesamtstrategie des Unternehmens und des betreffenden Geschäftsfeldes bzw. Marktsegments orientieren.
Die häufigsten Fehler im Umgang mit Schutzrechten
- Man verlässt sich oft auf Freunde oder Bekannte, die glauben, sich mit Schutzrechten auszukennen. Nichtwissen und Halbwahrheiten sind aber weit verbreitet.
- Viele glauben irrtümlich, dass das Schutzrecht gleichzeitig eine Erlaubnis zur Verwendung darstellt. Tatsache ist: Auch mit eingetragenem Schutzrecht kann es sein, dass man das Geschützte nicht verwenden darf, z. B. wenn man damit ältere Rechte verletzt.
- Es werden Dinge geschützt, für die man keinen Marktzugang oder Vertriebspartner hat.
- Es werden Anmeldungen getätigt ohne die weiteren Kosten zu beachten – z. B. auch für Internationalisierung oder die Verteidigung der Schutzrechte.
- Anmeldungen werden oft in Ländern (mit entsprechenden Kosten) getätigt, ohne die Kontrolle in den einzelnen Ländern zu haben.
- Bei Patent und Design: Man veröffentlicht die Erfindung/das Design bevor die Anmeldung getätigt wird.
- Es herrscht der weit verbreitete Irrglaube, dass die Änderung eines Details genügt, um den Schutz zu umgehen.
Empfohlene Vorgangsweise
In weiterführenden Infoblättern der WKO werden einzelne Schutzmöglichkeiten beschrieben. Die grundsätzliche Vorgangsweise ist dabei immer die gleiche und stützt sich auf folgende drei Säulen:
- Definition der Schutzmöglichkeiten:
Welche Schutzmechanismen greifen für das bestimmte Produkt oder den Produktbereich? Ist der Schutz stark? - Prüfung der Handlungsoptionen:
Welche Handlungsoptionen ergeben sich? Sind sie strategiekonform? - Prüfung der Wirtschaftlichkeit:
Welche Kosten sind mit der Vorgangsweise verbunden? Lohnt sich der Aufwand? - Entscheidung, Fahrplan
Anlaufstellen und Informationsquellen
- Wirtschaftskammern Österreichs
- Österreichisches Patentamt
- AWS, Förderbank des Bundes
- Österreichische Förderungsgesellschaft
- Österreichische Patentanwaltskammer
- Österreichischer Rechtsanwaltskammer
Links für Recherchen
- Allgemein (patentamt.at)
- Patente und Gebrauchsmuster (espacenet.com)
- Patente und Gebrauchsmuster (dpma.de)
- International eingetragene Marken und Designs (tmdn.org)
Stand: 14.05.2025